Wir liegen im Bett, der Dämmerzustand ist bereits erreicht und gleich fallen wir in den wohlverdienten Schlaf. Für manch einen fühlt es sich dabei für einen kurzen Augenblick so an, als würde er in die Tiefe fallen. Dann zuckt der Körper plötzlich zusammen und reißt uns aus dem Schlummermodus. Solche Einschlafzuckungen sind nervig, aber in den meisten Fällen harmlos und ein weitverbreitetes und bekanntes Phänomen. Mediziner sprechen nur dann von einer Krankheit, wenn durch die Zuckungen Schlafstörungen entstehen.
Warum zucken wir überhaupt beim Einschlafen? Welche Ursachen können sich dahinter verbergen und was kannst Du tun, wenn die Zuckungen das Einschlafen verhindern und den Schlaf stören? Hier bekommst Du alle Informationen zum Phänomen Einschlafzuckungen.
Was sind Einschlafzuckungen?
Einschlafzuckungen umfassen verschiedene Phänomene, die hauptsächlich beim Einschlafen oder in der ersten Schlafphase auftreten. Die Zuckungen werden daher auch als „Einschlafmyoklonus“, als „Hypnic jerk“ (hypnischer Ruck, hypnagoge Zuckungen) oder „Sleep start“ (Schlafbeginn) bezeichnet, weil sie den Schlafprozess einläuten.
Manchmal zucken nur die Arme oder Beine, manchmal auch der ganze Körper. Viele Betroffene haben das Gefühl, als würden sie aus dem Bett fallen oder in die Tiefe stürzen. Wir erschrecken uns dann im ersten Moment und werden leider durch die ruckhaften Bewegungen wieder wach. Im schlechtesten Fall können wir hinterher nicht mehr einschlafen.
Mediziner vermuten, dass unsere Muskeln im Gegensatz zu unserem Bewusstsein für die Entspannung beim Einschlafen mehr Zeit benötigen. Während einige Areale im Gehirn bereits dämmern, sind die Bewegungsimpulse im Gehirn noch aktiv, wodurch die Muskeln noch ab und zu zucken, ehe auch sie Ruhe geben.
Ein anderer Erklärungsansatz für die Muskelzuckungen wäre, dass in unserem Gehirn zwei Systeme arbeiten, die entgegengesetzte Signale senden. Einerseits wird signalisiert, dass wir jetzt Einschlafen sollen, andererseits halten einige Impulse unser Gehirn weiterhin wach. Die widersprüchlichen Impulse sorgen dann für eine Art Gewitter in unserem Kopf, dass sich in Form von Muskelzuckungen entlädt. Die beiden Vermutungen konnten bisher nicht in wissenschaftlichen Studien nachgewiesen werden.
Einschlafzuckungen: Häufigkeit
Einschlafmyoklonien sind ein sehr häufiges natürliches Phänomen und in der Regel keine ernsthafte Erkrankung. Etwa 70 Prozent der Bevölkerung sind ab und zu von solchen Zuckungen in der Einschlafphase betroffen. Bei Babys und kleinen Kindern treten Einschlafzuckungen in den Armen und Beinen häufiger auf. Die unbedenklichen Myoklonien können bei Babys und Kindern sogar noch in späteren Phasen während des Schlafs beobachtet werden.
Einschlafzuckungen können alters- und geschlechtsunabhängig bei Männern, Frauen, bei Babys, Kindern und Senioren auftreten.
Einschlafzuckungen: Ursachen und Auslöser
Die Ursachen für gelegentliche Myoklonien in der Einschlafphase sind nach wie vor unbekannt und werden daher als natürliches, harmloses Phänomen eingestuft. Treten die Einschlafzuckungen verstärkt auf und leidest Du unter heftigen Zuckungen auch am Tag, könnten sich verschiedene ernste Erkrankungen dahinter verbergen.
Zudem können in seltenen Fällen auch neurologische und genetische Ursachen eine Rolle spielen. Außerdem ist es möglich, dass nächtliche Zuckungen auf Störungen hinweisen. Sie können z. B. im Zusammenhang mit einer schlafbezogenen Atmungsstörung wie einer Schlafapnoe, einer schlafbezogenen Bewegungsstörung wie dem Restless-Legs-Syndrom (RLS) oder einer Epilepsie stehen. Häufig leiden Betroffene dann aber entsprechend zusätzlich unter weiteren Symptomen wie einer übermäßigen Tagesmüdigkeit (Hypersomnie) oder Schnarchen.
Auslösende Faktoren
Des Weiteren wurde beobachtet, dass bestimmte Faktoren als Auslöser für Einschlafzuckungen infrage kommen oder die Zuckungen verstärken können. Äußere Geräusche und Stress tragen demnach dazu bei, Myoklonien beim Einschlafen hervorzurufen.
Es wird auch vermutet, dass Zuckungen möglicherweise begünstigt werden durch einen zu späten Genuss von Kaffee, durch eine mangelhafte Versorgung an Mineralstoffen (z. B. Magnesium, Kalzium, Natrium), durch exzessive sportliche oder aufwühlende Tätigkeiten vor dem Schlafengehen oder durch blaues Licht von Smartphones oder Laptops. Blaues Licht hemmt das Schlafhormon Melatonin und verhindert, dass wir richtig müde werden.
Einschlafzuckungen: Symptome
Bei Einschlafzuckungen entstehen unwillkürliche Zuckungen der Muskeln in den Armen und Beinen oder auch im ganzen Körper. In der Regel handelt es sich um harmlose Zuckungen, die selten oder oft, leicht oder schwer, schnell oder langsam, rhythmisch oder ungleichmäßig auftreten können.
Bei heftigen Myoklonien können sich Betroffene so stark erschrecken, dass sie mit einem beschleunigten Herzschlag und einer unregelmäßigen Atmung aufwachen. Der erholsame Schlaf ist dann erst einmal dahin. Treten derartig starke Zuckungen häufig auf, können sich daraus Einschlafstörungen, sogenannte Insomnien, ergeben.
Myoklonien können zusätzlich von visuellen, sensorischen und/oder auditiven Halluzinationen begleitet werden.
Visuelle, auditive und sensorische Einschlafzuckungen
Neben den plötzlichen, unkontrollierbaren und kurzen Einschlafmyoklonien können zusätzlich visuelle, sensorische und auditive Wahrnehmungen auftreten. Visuelle Einschlafzuckungen gehen oft mit grell erscheinenden Blitzen vor den Augen einher, auditive Einschlafzuckungen mit lauten Geräuschen wie einem Knallen und sensorische Einschlafzuckungen rufen ein Gefühl hervor, als würden wir fallen oder stolpern.
Die Geräusche und visuellen Bilder können von anderen Menschen in der Umgebung nicht wahrgenommen werden. Sie werden nur von den Einschlafenden erlebt. Visuelle, auditive und sensorische Wahrnehmungen können separat, also ohne Muskelzuckungen, auftreten oder die Zuckungen begleiten.
Einschlafzuckungen: Komplikationen und gesundheitliche Folgen
Einschlafzuckungen können unangenehm und nervig sein, in den meisten Fällen müssen sich Betroffene aber keine Sorgen um ihre Gesundheit machen. Auch ist die Lebensqualität nur äußerst selten beeinträchtigt. In sehr seltenen Ausnahmefällen können Schlafzuckungen zu Schlafstörungen führen, die auf Dauer wiederum unseren Schlaf-Wach-Rhythmus durcheinanderbringen und dann durchaus gravierende Auswirkungen auf unsere körperliche und psychische Gesundheit haben können.
Neben einer ausgeprägten Tagesmüdigkeit können permanente Zuckungen in der Nacht zu vielen Schlafunterbrechungen und damit zu einem Schlafmangel führen. Depressionen, Reizbarkeit, eine reduzierte Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit, ein geschwächtes Immunsystem sowie ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen können einige gesundheitliche Folgen sein.
Ausgeprägte Einschlafzuckungen können zudem eine Herausforderung für eine Beziehung sein, wenn Bettpartner durch die plötzlichen Bewegungen ebenfalls beim Schlafen gestört werden.
Einschlafzuckungen: Wann zum Arzt?
Wenn Du bemerkst, dass Dir ein erholsamer Schlaf fehlt und dadurch Deine Schlaf- und Lebensqualität stark beeinträchtigt wird, solltest Du einen Arzt aufzusuchen, um die Beschwerden abklären zu lassen und eine Behandlung einzuleiten. Möglicherweise verbirgt sich hinter den unkontrollierten Bewegungen und Zuckungen auch eine krankhafte Störung wie das Phänomen der unruhigen Beine (RLS, Restless-Legs-Syndrom).
Hinter starken, unwillkürlichen Muskelzuckungen, die nicht nur in der Nacht beim Schlafen auftreten, sondern auch am Tag, können sich verschiedene Erkrankungen verbergen, die durch eine umfangreiche Diagnostik ausgeschlossen werden sollten. Wird die Grunderkrankung behandelt, verschwindet wahrscheinlich auch das Muskelzucken wieder.
Zuckungen können auch auf ein seelisches Problem oder ein psychisches Trauma hinweisen, z. B. wenn sie nach einem Unfall oder schlimmen Ereignis auftreten. In dem Fall wäre es sinnvoll, eine psychotherapeutische Praxis aufzusuchen.
Nach einem Unfall können Muskelzuckungen auch durch Erkrankungen des zentralen Nervensystems oder durch Probleme in der Muskulatur hervorgerufen werden. Bei möglichen Nervenerkrankungen wäre ein Besuch in einer Facharztpraxis der Neurologie zu empfehlen. Bei begleitenden Symptomen wie Herzrasen oder Atemnot sollte immer ärztlicher Rat eingeholt werden.
Einschlafzuckungen: Diagnostik
Die erste Anlaufstelle für Deine Beschwerden ist normalerweise ein Hausarzt. In einem ausführlichen Erstgespräch berichtest Du zunächst über Deine gesundheitlichen Probleme. Im Anschluss daran wird der Arzt mit einer Familien- und Medikamentenanamnese Deine Krankengeschichte erfassen.
Treten die Einschlafstörungen besonders heftig auf, stören das Einschlafen und führen regelmäßig zum Erwachen, kann laut des internationalen Klassifikationssystems für Schlafstörungen („International Classification of Sleep Disorders“, ICSD) die Diagnose Einschlafzuckungen gestellt werden. Im Vorfeld müssen Mediziner aber zwischen harmlosen Einschlafmyoklonien und anderen Myoklonie-Formen, periodischen Beinbewegungen, Muskelkrämpfen und Epilepsie differenzieren.
Auch Erkrankungen, die in einem engen Zusammenhang mit Myoklonien stehen, sollten abgeklärt werden. Dazu gehören z. B.:
- Leberschäden, Leberversagen
- Nierenschwäche (Niereninsuffizienz)
- Hirnschäden durch Virusinfektionen (z. B. Enzephalitis)
- Hirnschäden nach einem Herzstillstand
- Hirnschäden durch Kopfverletzungen
- Demenz mit allgemeiner Unruhe
- Neurologische Erkrankungen (Parkinson-Krankheit, Multiple Sklerose, Huntington-Krankheit, Alzheimer, Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, Epilepsie)
- Stoffwechselstörungen (z. B. ein zu hoher oder niedriger Blutzuckerspiegel oder ein Mangel an Mineralstoffen wie Kalzium, Magnesium oder Natrium)
- Sauerstoffmangel
- Überdosierung von Medikamenten (z. B. Antihistaminika, bestimmte Antidepressiva, Penicillin, Parkinson-Medikament Levodopa, Opioide)
Besteht der Verdacht auf eine der genannten Störungen oder auf eine neurologische Erkrankung oder psychische Belastung, wird der Arzt Dir eine Überweisung in eine entsprechende Facharztpraxis ausstellen, damit weitere körperliche und neurologische Untersuchungen zur Abklärung stattfinden können.
Bei einem Restless-Legs-Syndrom (RLS), das zu den neurologischen Erkrankungen gehört, besteht ein nicht unterdrückbarer Bewegungsdrang mit unwillkürlichen Bewegungen. Mittels einer Elektromyografie (EMG) können elektrische Impulse in den Muskeln und Muskelfasern gemessen werden. Einschlafzuckungen zeigen bei der Auswertung dann kurze, hohe Spannungsspitzen.
Einschlafzuckungen: Therapie
Da es sich bei Einschlafzuckungen hauptsächlich um ein harmloses Phänomen handelt, bedarf es in der Regel auch keiner schulmedizinischen oder medikamentösen Therapie. Im Vordergrund stehen vielmehr Prophylaxe-Maßnahmen und Tipps zur Selbsthilfe (siehe nächsten Abschnitt). Werden Einschlafzuckungen nicht behandelt, besteht keine Gefahr, dass sich der Zustand verschlechtern könnte.
Erst wenn die Muskelzuckungen das Einschlafen oder den Schlaf so erheblich beeinträchtigen, dass ein Schlafmangel entsteht, sollte den Ursachen dafür genauer auf den Grund gegangen werden. Stecken andere schwere Erkrankungen hinter den Myoklonien, werden diese gezielt behandelt.
Einschlafzuckungen: Die besten Tipps zur Prophylaxe
In Studien konnte festgestellt werden, dass insbesondere Stress und auch laute Geräusche in der Umgebung Einschlafzuckungen begünstigen können. Aus diesem Grund wären die wichtigsten Maßnahmen zur Vorbeugung, Stress zu vermeiden und für eine ruhige Schlafumgebung zu sorgen.
Stressprävention mit Entspannungsmethoden
Es gibt viele Entspannungsmethoden, die bei Stress hilfreich sein können. Bewährt haben sich z. B. Autogenes Training, die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Yoga und Meditation. Aber auch alle anderen Maßnahmen, die für mehr Entspannung, Entschleunigung und Ruhe in Deinem Leben sorgen, können hilfreich sein und Stress reduzieren.
Tägliche Spaziergänge an der frischen Luft, regelmäßige Saunagänge und entspannende Abend- oder Einschlafrituale tragen ebenfalls dazu bei, Stress zu mindern. Welche Methoden zur Stressbewältigung Dir guttun, gilt es herauszufinden, denn jeder Mensch tickt anders.
Geräuschquellen aus dem Schlafzimmer verbannen
Auch eine gute Schlafhygiene trägt dazu bei, dass Du abends entspannen und besser einschlafen kannst. Bei Einschlafzuckungen solltest Du unbedingt auf eine geräuscharme Umgebung achten. Daher wäre es empfehlenswert, tickende Uhren und Wecker, Radios und Fernseher aus dem Schlafzimmer zu schaffen, um die Häufigkeit von Schlafzuckungen zu reduzieren.
Auch Smartphones und Laptops sollten dem Schlafraum möglichst fernbleiben, weil die Bildschirme blaues Licht ausstrahlen und damit das Einschlafen erschweren oder verhindern.
Koffein und stimulierende Substanzen vermeiden
Wer seine Einschlafzuckungen möglichst vermeiden möchte, sollte ab dem Nachmittag keine koffeinhaltigen Getränke wie z. B. Kaffee, Cola oder Energydrinks trinken. Auch vom Konsum stimulierender Substanzen wie Nikotin wird abgeraten. Ein guter Grund also, mit dem Rauchen aufzuhören. Nikotinpflaster sollten aber nicht zur Entwöhnung verwendet werden, weil sie Einschlafzuckungen fördern können.
Keine körperliche Beanspruchung vor dem Schlafen
Regelmäßig Sport treiben ist fast immer gut für unsere Gesundheit. Bei häufigen Einschlafzuckungen solltest Du den Körper vorm Schlafengehen aber lieber nicht übermäßig beanspruchen und verausgaben. Eine zu heftige körperliche Beanspruchung bringt den Körper auf Hochtouren und kann ein vermehrtes Auftreten von Muskelzuckungen bei Einschlafen begünstigen.