Der Kopf brummt, der Nacken ist verspannt, die Rückenpartie fühlt sich eingerostet an und der Schlaf war auch schon einmal erholsamer? Kommen Dir diese Beschwerden bekannt vor? Dann wäre möglicherweise eine osteopathische Behandlung das Richtige für Dich.
Die Osteopathie gehört in den Bereich der Alternativmedizin und befasst sich insbesondere mit unserem Bewegungsapparat. Osteopathen arbeiten mit ihren Händen. Sie erspüren Verspannungen und Blockaden in unserem Körper, analysieren die Bewegungsabläufe unseres Körpers und der inneren Organe und behandeln ganzheitlich. Die sanfte Heilmethode wird immer beliebter. In Deutschland war laut einer Forsa-Umfrage bereits fast jeder Fünfte über 14 Jahre schon einmal in Behandlung.
Möchtest Du mehr über Osteopathie erfahren? Was genau sich hinter der Behandlungsform verbirgt, bei welchen Beschwerden die Therapie zum Einsatz kommen kann und wie eine osteopathische Behandlung abläuft? Hier bekommst Du die wichtigsten Informationen zum Thema Osteopathie.
Was ist Osteopathie?
Der amerikanische Arzt Andrew Taylor Still (1828-1917) war mit den Ergebnissen und der Arbeitsweise von Ärzten in der damaligen Zeit sehr unzufrieden und vertrat die Ansicht, dass viele Operationen und Medikamente nicht zu einer Heilung von Krankheiten führten und oft nur auf eine Hilflosigkeit der Ärzte hinweisen würden. In einem eigenen Ansatz rückte er darum die Selbstheilungskräfte des Körpers in den Vordergrund, formulierte vier Grundgedanken und gilt seitdem als Begründer der Osteopathie:
1. Der menschliche Körper funktioniert als eine Einheit
Jeder einzelne Bereich unseres Körpers trägt zu einer harmonischen Ganzheit bei. Dazu gehören Muskeln, Bänder, Knochen, Gelenke, Faszien, Organe, Blutgefäße und unsere Nerven. Auch mit dem Geist steht der Körper in einer Wechselbeziehung. Die umfassende Betrachtung dieser Ganzheitlichkeit ist für die Osteopathie zentral, um mit einer Behandlung zur individuellen Gesundheit beizutragen.
2. Der Körper verfügt über selbstheilende Funktionen
Unser Körper verfügt über selbstregulierende Kräfte, um körperliche Beschwerden, Entzündungen, Infekte und Bewegungseinschränkungen zu bekämpfen. Sammeln sich allerdings irgendwann zu viele Funktionsstörungen bzw. Spannungsmuster an, können diese nicht mehr ausgeglichen werden und wir werden krank oder bekommen Schmerzen. Osteopathen versuchen, die gestörten Funktionen wieder in Einklang zu bringen und Spannungszustände aufzulösen.
3. Strukturen und Funktionen stehen in Wechselbeziehung zueinander
Unsere Anatomie und physiologische Funktionen stehen in einer direkten wechselseitigen Beziehung zueinander und bedingen sich gegenseitig. Druck und Spannung in einem Körperteil rufen Druck und Spannungen in einem anderen Körperbereich hervor. Ein blockiertes Gelenk sorgt im Nachgang für eine muskuläre Verspannung in der Umgebung und beeinträchtigt die Bewegungsfreiheit. Auch die umliegenden Nerven können betroffen sein und zu weiteren Beschwerden beitragen.
4. Drei Prinzipien in die Behandlung integrieren
Bei einer ganzheitlichen osteopathischen Behandlung ist die Aufgabe der Therapeuten, die drei Grundgedanken zu berücksichtigen, zu verknüpfen und in ein individuelles Behandlungskonzept umzusetzen.
Andrew Taylor Still beobachtete, dass bei Krankheiten immer auch das betroffene umliegende Gewebe in seiner Beweglichkeit beeinträchtigt ist. So ist bei Patienten mit einer Lungenentzündung immer auch die Beweglichkeit der Lunge eingeschränkt. Sein zentrales Grundprinzip ist daher die sanfte Herstellung der Beweglichkeit, die auch zu einer besseren Durchblutung führt und den lymphatischen Abfluss unterstützt.
Faszinierende Faszien
Unser Bewegungsapparat und unser Rückenmark sowie unsere inneren Organe sind alle mit feinen Gewebenetzen, den sogenannten Faszien, miteinander verbunden. Aus diesem Grund können sich Verspannungen von Faszien auf unsere Organe übertragen oder Störungen von einem Organ über die Faszien auf ein anderes Organ gehen. Osteopathen lösen verspannte Faszien durch sanfte Griffe und aktivieren darüber die Selbstheilungskräfte. Damit sollen nicht nur aktuelle Symptome des Patienten oder der Patientin gelindert, sondern auch die Ursachen für Beschwerden behoben werden.
Das Ziel einer osteopathischen Behandlung ist es, den Erhalt oder die Wiederherstellung der Funktionalität und damit die Leistungsfähigkeit unseres Körpers zu unterstützen. Dafür müssen alle Körperbereiche miteinander harmonieren und dafür setzen Behandler verschiedene Techniken ein.
Osteopathie: Welche Behandlungstechniken gibt es?
Die wichtigsten Arbeitsinstrumente von Osteopathen sind ihre Hände und Augen. Sie betrachten den gesamten Körper ihrer Patienten, ertasten und fühlen die Konsistenz des Gewebes unter der Haut, die Spannungen, Widerstände und Temperatur der Haut und spüren Blockaden auf, die unseren Organismus in ein Ungleichgewicht gebracht haben. Für Muskeln und Knochen können kräftigere Techniken eingesetzt werden, für zartere Strukturen und innere Organe werden sanftere Handgriffe angewendet.
Ein zentraler Begriff in der Osteopathie ist die osteopathische Dysfunktion. Damit ist eine Einschränkung der Bewegung der Gewebe in unserem gesamten Körper gemeint. Solche Dysfunktionen werden manuell, d. h. mit den Händen und mithilfe verschiedener Techniken gelöst und wieder ins Gleichgewicht gebracht. Der Tastsinn der Behandler ist für die Diagnose der Dysfunktionen sehr wichtig und muss daher intensiv trainiert werden.
Im Bereich der Osteopathie werden drei funktionelle Systeme mit jeweils verschiedenen Behandlungsmethoden unterschieden: Es gibt das parietale, viszerale und craniosacrale System:
1. Parietale Osteopathie (Bewegungsapparat)
Zu den Strukturen des parietalen Bewegungssystems gehören unsere Knochen, Gelenke, Bänder, Kapseln und Muskeln. Sie werden mit indirekten Manipulations- und Mobilitätstechniken behandelt:
Counterstrain-Technik
Diese Technik wurde von dem US-amerikanischen Arzt und Osteopathen Dr. Lawrence H. Jones in den 1950er Jahren zur Behandlung von neuromuskulären und muskuloskelettalen Beschwerden entwickelt. Muskuloskelettal bezieht sich auf unsere Muskulatur, die zum Skelett bzw. Bewegungsapparat gehört.
Verspannungen und druckschmerzhafte Punkte (Tenderpoints) der Muskeln und Bindegewebe werden bei dieser manuellen Technik mit gezielten Stellungen gelöst, die für 90 Sekunden gehalten werden. Nach der Behandlung sollte sich das betroffene verspannte und verkrampfte Gewebe wieder entspannen. Die Schmerzen werden dadurch reduziert und blockierte Gelenke können hinterher wieder eine bessere Beweglichkeit aufweisen. Eine Entspannung oder Erschlaffung der Muskulatur wird in der Medizin auch als Relaxation bezeichnet.
Functional-Technik nach Johnston
Diese funktionelle Technik wurde von dem Osteopathen William L. Johnston entwickelt. Nach Johnston kann eine fehlerhafte Nervenübertragung zwischen einem Körperteil und unserem zentralen Nervensystem (ZNS, Gehirn und Rückenmark) zu einer erhöhten Muskelspannung mit Schmerzen und Bewegungseinschränkungen führen. Über Reflexe unseres ZNS soll die Funktionalität der betroffenen Körperstruktur und anderen umliegenden Gelenken, Muskeln oder Sehnen wieder hergestellt werden.
Muskelenergietechniken (MET)
Muskelenergietechniken sind auch unter dem Namen Neuromuskuläre Technik (NMT) bekannt. Bei dieser manuellen Therapie versuchen Osteopathen, mit einem gezielten Muskelzug das Gleichgewicht in den Gelenken der Wirbelsäule oder anderen Gelenken, Faszien sowie Muskeln wiederherzustellen. Die Behandler leiten ihre Patienten an, Gegenkräfte zu bilden und durch die eigene Muskelkraft die blockierten Strukturen wieder in die richtige Position zu bringen.
Die MET kommen außerdem bei Störungen der Gelenkbeweglichkeit zum Einsatz, bei der nicht das Gelenk ursächlich für die Beschwerden ist, sondern das gelenkumgebende Gewebe. Ebenso können schwache Muskeln mit dieser Methode gekräftigt und verkürzte Muskeln gedehnt werden.
Myofasziale Techniken
Bei dieser Technik wird viel Feingefühl und ein guter Tastsinn von Behandlern benötigt. Das Wort „myofascial“ verbindet Muskeln („myo) und Faszien („faszal“). Faszien sind netzartige Strukturen aus Bindegewebe, die unsere Muskeln und Organe umgeben. Störungen der Faszien gehen daher auch in andere Körperteile über.
Therapeuten spüren die Verklebungen der Faszien und Funktionsstörungen in den Muskeln und Organen auf und behandeln diese mit Druck- und Zugtechniken auf sanfte Weise. Durch die Behandlung wird die Durchblutung im Gewebe und die Beweglichkeit angeregt. Die myofasziale Technik wird besonders bei schmerzhaften Muskelverspannungen angewendet.
2. Viszerale Osteopathie (Innere Organe)
Die manuelle Therapie unserer inneren (viszeralen) Organe eignet sich für alle möglichen Störungen oder Erkrankungen der inneren Organe, der Blutgefäße und des vegetativen (autonomen) Nervensystems, das u. a. unsere Atmung, den Herzschlag und Stoffwechsel reguliert. Durch die Beziehung zwischen den Organen und dem Bewegungsapparat wird der ganzheitliche Ansatz der Osteopathie deutlich.
Bei der viszeralen Osteopathie können Therapeuten erfühlen, welche Organe in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt sind. Durch sanfte Druck- und Gleittechniken können Blockaden im Brust- und Bauchbereich mitsamt Organen gelöst werden und die Mobilität der betroffenen Strukturen wieder hergestellt werden.
3. Craniosacrale Osteopathie
Diese Technik wurde von dem US-amerikanischen Arzt Dr. William Garner Sutherland (1873-1954) zu Beginn der 1930er-Jahre entwickelt. Sutherland stellte fest, dass sich unsere Schädelknochen unabhängig von unserer Atmung und Herzfrequenz rhythmisch bewegen. Dieser Rhythmus kann direkt durch Traumata, Entzündungen und Erkrankungen oder indirekt durch psychische und emotionale Faktoren gestört werden. Das Ziel der craniosacralen Therapie ist es, die freie Bewegung der Schädelknochen und damit den craniosacralen Rhythmus wiederherzustellen.
Therapeuten ertasten an den Schädelknochen den individuellen Rhythmus. Durch sehr sanfte Drucktechniken soll dieser unterstützt und Blockade gelöst werden. Häufige Anwendungsgebiete der craniosacralen Osteopathie sind Verletzungen (z. B. Schädel-Hirn-Trauma), Beschwerden in den Bereichen Schädel, Wirbelsäule und Steißbein sowie Migräne, Tinnitus, Schwindel, Erkrankungen im Hals-Nasen-Ohrenbereich sowie psychovegetative Beschwerden.
Osteopathie: Ursachenforschung
Die Aufmerksamkeit der Osteopathen richtet sich auch auf die zeitliche Entwicklung der Beschwerden. Also wann eine Beschwerde angefangen hat und wie sich das Krankheitsbild aufgebaut hat. Manchmal kann der Ursprung einer Beschwerde viele Jahre in der Vergangenheit liegen und dadurch in Vergessenheit geraten sein.
Gesundheitliche Beschwerden können zudem auch über längere Zeit unbemerkt im Hintergrund verborgen bleiben, weil unser Körper zunächst immer bemüht ist, Beschwerden wie z. B. Verspannungen mithilfe anderer Körperstrukturen zu kompensieren und auszugleichen. Irgendwann ist die Anpassungsfähigkeit jedoch ausgeschöpft und Beschwerden machen sich bemerkbar.
Ursache-Folge-Kette: Körperliche und seelische Traumata der Vergangenheit
Für die Ursachenforschung sind in der Osteopathie daher Unfälle (Traumata), die in der Vergangenheit liegen, bedeutsam. Traumata können körperliche oder seelische Verletzungen sein, die durch ein akutes Geschehen ausgelöst wurden, z. B. durch einen Sturz auf den Allerwertesten, auf den Brustbereich oder Kopf, durch Unfälle mit dem Fahrrad oder Auto. Akute seelische Traumata wie Todesfälle oder andere Verluste können im Laufe der Zeit zu psychischen Erkrankungen werden oder sich auch körperlich manifestieren. Mediziner sprechen dann von psychosomatischen Beschwerden.
Akute Beschwerden werden häufig nicht in Zusammenhang mit einem weit zurückliegenden Ereignis gebracht, weil Betroffene häufig nicht mehr daran denken. Gerade diese ursächlichen Zusammenhänge spielen aber eine wichtige Rolle in der osteopathischen Behandlung.
So kann ein Sturz auf den Hintern zu einer Beckenverschiebung führen und über Monate oder Jahre den gesamten Bewegungsapparat in ein Ungleichgewicht bringen. Irgendwann machen sich Rückenbeschwerden bemerkbar, die sich weiter im Schulter- und Nackenbereich ausbreiten und dann zum Hinterkopf ziehen. Chronisch wiederkehrende Kopfschmerzen können beispielsweise durch einen Sturz in der Vergangenheit ausgelöst worden sein.
Mögliche Faktoren, die zu Funktionsstörungen führen können:
- Lebensstil, Lebensweise, Schlafhygiene
- Dauerhafter Stress (körperlich und psychisch)
- Monotone Tätigkeiten
- Überlastungen und Überbeanspruchung des Körpers
- Entzündungen in Körperregionen
- Operationen, Narben
- Unfälle, Stürze
- Geburtstraumata
Osteopathie: Anwendungsgebiete
Eine osteopathische Behandlung kann zur Diagnose und Behandlung vieler verschiedener Beschwerden und Erkrankungen angewendet werden. Dem Verband der Osteopathen Deutschland e.V. (VOD) zufolge können alle Beschwerden osteopathisch behandelt werden, bei denen funktionelle Störungen die Ursache sind. Auch begleitend zu anderen medizinischen Therapien eignet sich die alternative Heilmethode. Zu den typischen allgemeinen Anwendungsgebieten der Osteopathie gehören:
- Bewegungsstörungen von Gelenken und der Wirbelsäule
- Muskelverspannungen, muskuläre Fehlfunktionen, Zerrungen, Faserrisse
- Rückenschmerzen, Reizungen des Ischiasnervs (Lumboischialgie) mit Ausstrahlung der Schmerzen in die Beine, Hexenschuss
- Schmerzen an den Bändern und Sehnen (Tennisarm)
- Becken- und Fußprobleme
- Organische Funktionsstörungen, z. B. Magen-Darm-Beschwerden, Sodbrennen, Organsenkung, funktionelle Herzbeschwerden, unklare Bauchschmerzen, Reizmagen
- Beschwerden im Hals-Nasen-Ohren-Bereich
- Menstruations- und Wechseljahrsbeschwerden
- Schwindel
- Tinnitus (Ohrgeräusche)
- Kopfschmerzen, Migräne
- Konzentrationsschwierigkeiten
- Schmerzen im Gesicht und Kiefer
Anwendungsgebiete bei Kindern und Säuglingen
Eine osteopathische Behandlung eignet sich für jedes Lebensalter. Bei Säuglingen und Kindern ist die sanfte osteoplastische Medizin eine beliebte alternative Heilmethode. Häufige Anwendungsgebiete bei Neugeborenen oder Kindern sind folgende Beschwerden:
- Entwicklungsstörungen
- Lern- und Konzentrationsstörungen
- Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom (ADS)
- Schädel- und Gesichtsverformungen
- Skoliose
- Schiefhals
- Koliken
- Spuck- und Schreikinder
- KISS-Syndrom (Kopfgelenk-induzierte Symmetrie-Störung)
Schmerzhafte Koliken werden nicht direkt im Bauchbereich behandelt, sondern am Kopf der Säuglinge und Kinder. Die bei Neugeborenen noch weichen Schädelknochen können nach der Geburt verformt sein, weil sie den engen Geburtskanal passieren mussten. Der durch die Verformung entstandene Druck auf die Nerven kann zu verschiedenen Beschwerden führen. Dazu gehören auch Koliken.
Anwendungsgebiete im fortgeschrittenen Alter
Die „Geriatrische Osteopathie“ (GO) richtet den Fokus auf ältere Menschen, denn auch Menschen im fortgeschrittenen oder hohen Alter (> 80 Jahre) können von einer osteopathischen Behandlung profitieren und ihre Lebensqualität steigern. Hochbetagte Patienten wünschen sich von einer Behandlung meist keine Heilung von Erkrankungen, sondern vielmehr bessere Voraussetzungen, um das Leben noch möglichst lange genießen zu können. Ihnen geht es hauptsächlich um den Erhalt oder die Verbesserung ihrer Beweglichkeit, der geistigen Fitness oder um die Linderung von Schmerzen.
Osteopathie: Grenzen der ganzheitlichen Behandlungsmethode
Gut ausgebildete und verantwortungsvolle Osteopathen wissen genau, wann sie behandeln dürfen und wann besser Ärzte bestimmte Beschwerden therapieren sollten. Bei schweren und akuten Krankheiten, Verletzungen, Verbrennungen, Knochenbrüchen, Wunden oder psychischen Erkrankungen sind die Grenzen der Osteopathie erreicht. Gleiches gilt auch für bakterielle und virale Infektionen.
Eine osteopathische Behandlung ist auch nicht angezeigt, wenn sich Fremdkörper im Organismus befinden. Trägt z. B. eine Frau zur Verhütung eine Spirale in ihrer Gebärmutter, könnte eine manuelle Manipulation möglicherweise zu Verletzungen führen. Auch bei Ablagerungen wie Nieren- oder Gallensteinen ist Vorsicht geboten. Lösen sich die Steine durch die Behandlung, können sie durch den Körper wandern, Schmerzen bereiten und gefährlich werden, wenn sie z. B. den Harnleiter verschließen.
Eine osteopathische Therapie kann jedoch begleitend zu anderen schulmedizinischen Behandlungen und zur Unterstützung des Heilungsprozesses angewendet werden.
Vor einer osteopathischen Behandlung: Abklärung beim Arzt
Bevor Du eine osteopathische Behandlung beginnst, wird allgemein empfohlen, die akuten oder chronischen Beschwerden vorher bei einem Arzt abklären zu lassen. Hinter den Beschwerden können sich auch schwere Erkrankungen verbergen, die eine schulmedizinische Behandlung nötig machen.
Therapie: Wie läuft eine osteopathische Behandlung ab?
Was erwartet Dich bei dem ersten Termin einer osteopathischen Behandlung? Sowohl der erste Termin als auch die Folgetermine laufen immer so ab, dass zunächst ein Gespräch stattfindet und dann eine körperliche Untersuchung erfolgt. Das erste Gespräch kann etwas länger andauern (>1 Stunde). In Folgeterminen ist der zeitliche Anteil des Gesprächs kürzer. Im Anschluss folgt bei jedem Termin eine körperliche Untersuchung. Erst dann wird das individuelle Konzept der osteopathischen Behandlung erstellt.
Anamnese
Beim ausführlichen Erstgespräch nehmen sich Osteopathen viel Zeit. Ganz in Ruhe besprecht ihr die körperlichen und / oder psychischen Probleme und begebt euch auf Ursachenforschung. Dazu werden ganz viele Fragen nach länger vergangenen und kürzlich eingetretenen körperlichen und psychischen Traumata kommen.
Körperliche Untersuchung
Für die ganzheitliche Untersuchung Deines Körpers wirst Du Dich bis auf die Unterwäsche ausziehen müssen. Das ist ein normaler Prozess, damit der Osteopath nicht nur einzelne Bereiche abtasten und anschauen kann, sondern eben den gesamten Körper.
Während Du aufrecht stehst, wird Dein Körper nach Spannungszuständen abgetastet. In der Medizin wird die Tastuntersuchung auch als Palpation bezeichnet. Osteopathen gehen nach einem bestimmten Schema vor, der den gesamten Körper nach und nach abdeckt: Arme, Beine, Becken, Wirbelsäule (Hals-, Brust- und Lendenwirbel), Bauch und Schädel. Im Anschluss daran geht die Untersuchung im Sitzen und Liegen weiter. So wird Dein gesamter Körper mit den Händen abgetastet und erfühlt. Verschiedene Bewegungstests sollen ebenfalls Auskunft über den körperlichen Zustand geben.
Osteopathen achten bei der Untersuchung auch darauf, wie sich Deine Haut anfühlt, wo Spannungen im Gewebe stecken und welche Körperstellen warm oder kalt sind.
Individuelles Therapiekonzept
Behandler überlegen nach der körperlichen Untersuchung, mit welcher Körperregion und mit welcher Funktionsstörung sie beginnen wollen und welche Techniken sie dafür anwenden. In Folgeterminen wird immer wieder auf die aktuelle körperliche und seelische Verfassung eingegangen und das Therapiekonzept wird entsprechend immer wieder neu angepasst.
Wie lange dauert eine osteopathische Behandlung?
Der erste Termin bei Osteopathen kann zwischen 45 und 90 Minuten dauern, weil das Erstgespräch, die Befunderhebung, in der Regel mehr Zeit in Anspruch nimmt. Die Folgetermine einer osteopathischen Behandlung dauern dann durchschnittlich 20 bis 30 Minuten, in manchen Fällen auch länger.
Nach etwa drei Sitzungen in einem Abstand von ein bis drei Wochen ist die Grundbehandlung abgeschlossen. In schwereren Fällen werden manchmal auch sechs bis acht Sitzungen notwendig, bis ein stabilerer Zustand erreich wird. Sollte nach der Grundbehandlung keine Besserung der Beschwerden eingetreten sein, sollte die individuelle Behandlung neu ausgerichtet werden. Ist eine Behandlungsserie abgeschlossen, erfolgt im Idealfall ein Kontrolltermin nach drei bis vier Monaten.
Osteopathie: Treten Nebenwirkungen auf?
Die Osteopathie ist eine sehr sanfte Behandlungsmethode. Manchmal können nach einer Sitzung unerwünschte, aber ungefährliche Begleiterscheinungen auftreten, wie z. B. Muskelkater, Gelenksteifigkeit oder Müdigkeit. Auch können sich ab und zu Schmerzen für kurze Zeit verstärken. Solche Nebenwirkungen sollten aber innerhalb der nächsten Stunden und spätestens nach zwei oder drei Tagen wieder verschwunden sein. Grundsätzlich werden solche Zeichen positiv bewertet, weil der Körper auf die Behandlung anspricht und reagiert.
Osteopathische Behandlung: Kosten
Ärzte und Heilpraktiker stellen Dir nach der Behandlung eine Rechnung aus. Die Leistung wird nach der berufsständischen Gebührenordnung abgerechnet und die Kosten für eine Behandlung liegen laut des Verbandes der Osteopathen Deutschland e.V. (VOD) zwischen 60 und 150 Euro. Eine Sitzung dauert etwa 30 bis 50 Minuten und umfasst eine Anamnese, eine körperliche Untersuchung und die Behandlung.
Übernehmen die Krankenkassen die Kosten für die Behandlung?
Seit 2012 übernehmen viele Krankenkassen anteilig die Kosten einer osteopathischen Behandlung als zusätzliche Leistung. Häufig wird der Anteil der Erstattung in Form von Maximalbeträgen pro Sitzung festgelegt. Die Kostenerstattungen der Krankenkassen sind sehr unterschiedlich. Am besten erkundigst Du Dich bei Deiner Krankenkasse, ob Osteopathie zu den Leistungen gehört und wie es mit den Konditionen aussieht.
Osteopathie: Ausbildung und Beruf
Eine osteopathische Ausbildung kann in Deutschland an einer privaten Osteopathie-Schule oder an privaten Instituten absolviert werden. Der Beruf des Osteopathen ist nach wie vor nicht staatlich anerkannt, weil es keine gesetzlich geregelten Vorschriften für die Ausbildung gibt. Die osteopathische Medizin gehört in Deutschland zur Heilkunde und darf daher nur von Ärzten und Heilpraktikern ausgeübt werden. Physiotherapeuten dürfen hingegen nur auf Anweisung eines Arztes oder Heilpraktikers im Rahmen einer Physiotherapie osteopathisch arbeiten.
Qualifikation von Therapeuten
Mitglieder des VOD haben eine vier- bis fünfjährige Ausbildung mit einer klinischen Prüfung abgeschlossen. Zudem sind sie verpflichtet, an regelmäßigen Fortbildungen teilzunehmen. Das macht sie zu hoch qualifizierten anerkannten Osteopathen, die in die Therapeuten-Liste des Verbandes eingetragen sind. Die Liste findest Du auf deren Internetseite www.osteopathie.de. Alternativ kannst Du auch bei Deiner Krankenkasse nach qualifizierten Osteopathen fragen.
Osteopathie: Was sagt die Wissenschaft?
Wie bei allen anderen Methoden aus dem Bereich der Alternativmedizin wird die Wirksamkeit der Osteopathie ebenfalls kontrovers diskutiert. Im Jahr 2009 wurde die Wirkung der Osteopathie auf Antrag der Bundesärztekammer wissenschaftlich bewertet. Das Ergebnis bestätigte die Wirksamkeit und Effektivität nur bei wenigen Anwendungsgebieten und zwar bei chronischen Schmerzsyndromen der Wirbelsäule.
Ansonsten sieht es hinsichtlich wissenschaftlicher Studien zur Osteopathie insgesamt eher dürftig aus. Trotz der Datenlage ist die Osteopathie in Deutschland eine sehr beliebte alternative Behandlungsmethode. Laut VOD befinden sich über fünf Millionen Menschen in einer osteopathischen Behandlung.